Samstag, 8. Oktober 2016

Beim Harzgebirgslauf in Wernigerode

Schon seit Ende der 70er Jahre findet im beschaulichen und schönen Wernigerode der Harz-Gebirgslauf statt. In diesem Jahr nun schon in der 39. Ausgabe. Zu DDR-Zeiten war der Brocken als Sperrgebiet ein unerreichbares Ziel, seit der Wende (mit Unterbrechungen) führt die Marathonstrecke des Laufes über Norddeutschlands höchsten Gipfel. Ein Marathon liegt für mich noch in weiter Ferne, der Harzgebirgslauf hat aber neben dem Marathon noch mehr zu bieten: Halbmarathon, 11 km, 5 km, Nordic Walking und Wandern, auch einen Kinderlauf über 2 km gibt es. 'Norddeutschlands schönster Gebirgslauf' sollte es sein und regelmäßig an die 3.000 Besucher können nun auch nicht so falsch liegen.

Ich hatte mich schon im Sommer für die Strecke über 11 km entschieden und mich Ende August angemeldet. Auch wenn ich bei der Vorbereitung auf meinen ersten Halbmarathon Ende Oktober keinem konkreten Plan hinterherlaufe, passten für mich sowohl der Termin als auch die Distanz. Außerdem: Der Harz liegt quasi vor der Braunschweiger Haustür und seit unserem Urlaub in Österreich in diesem Jahr stand ein Berglauf ganz oben auf meiner Wunschliste.

Start des Laufs über 5 km
Heute war es dann also soweit: Die Wetteraussichten waren bestens (7° C mit Nieselregen sagte die Prognose) und nach nur einer Stunde Fahrt und einer halbe Stunde Fußmarsch (ich parke gerne am anderen Ende der Stadt) erreichte ich das Start-Ziel-Gebiet an der so genannten Himmelspforte. In Wernigerode ist die Pforte zum Himmel eine große, bei Regen ordentlich durchgeweichte Wiese. :) Aber man merkte sofort: die machen das nicht zum ersten Mal. Von der Ausgabe der Startunterlagen über die Garderobe, die Verpflegung, die Moderation und das Warm-Up (vor Ort sagt man Erwärmung) ist wirklich alles top organisiert. Einziger Wermutstropfen: ich konnte meine Gutscheine für die großartige Erbsensuppe und das isotonische Hasseröder nicht im Umschlag finden. Die hatten sich in einem Werbeflyer gut versteckt, wie ich leider zu spät zuhause feststellen musste. Naja egal.

Umziehen, nochmal schnell für kleine Pinguine und zurück in den Startbereich, wo sich langsam aber sicher die Starter für die 5 km fertig machen. Die Moderatoren bringen alle gut in Stimmung und pünktlich gehts los. Noch 15 Minuten bis zum Start: mal langsam warmmachen, ein paar hundert Meter den Waldweg hoch, dehnen (ja ich dehne) und wieder runter. Hauptsache locker bleiben.

Ziele für diesen Lauf hatte ich mir vorab nicht gesetzt oder doch eines: Gesund wieder ankommen und sich vor dem HM auf keinen Fall verletzen. Heute sollte es also 'nur' Spaß machen. Respekt hatte ich vorher vor den Anstiegen und vor allem aber vor dem Bergablaufen.

Bei der Erwärmung vor dem Start
Noch zwei Minuten bis zum Start: Langsam am Start einreihen, die Nike-App anschmeißen, Musik läuft (ich laufe nie ohne), der Countdown kommt ... 3, 2, 1 - und los gehts. Geduldig schiebt sich die Meute durch das Starttor über die Wiese auf den Waldweg die Himmelspforte hinauf. Ich habe mich relativ weit hinten einsortiert, lasse es sehr locker angehen, schließlich soll es die ersten 6 km nur bergan gehen. Das Tempo auf dem ersten Kilometer ist sehr gemütlich: 6:29 meint die Nike-Frau in meinem Kopfhörer. Ich fange an zu überholen, nicht ganz einfach: die Wege sind nicht die breitesten und am Rand gehts steil bergab.

Kilometer 2: Ich habe mich tempotechnisch einsortiert und die langsamsten hinter mir gelassen. Die Steigung ist noch moderat und angenehm zu laufen, ich bin etwas überrascht, habe Zeit um mal nach links und rechts zu schauen. Die Wolken hängen tief und Nebelschwaden ziehen durch die Baumwipfel, trotzdem super Aussicht: Gänsehaut zum ersten Mal, Runners High bei Kilometer 2 (reimt sich sogar). 

Kilometer 3: Die Steigung wird eklig. Die meisten gehen, ich kann noch, laufe langsam weiter, kann überholen. Tolles Gefühl, ich hoffe das rächt sich nicht zwei Kurven weiter.

Kilometer 3,7: Schluss mit lustig! Die Steigung wird heftiger, jetzt reicht es mir auch. Ich gehe. Durchschnaufen. 

Kilometer 5: Nicht mehr ganz so steil, laufen geht längst wieder. Immer wieder der Blick nach links und rechts, einfach schön! Würde ja für ein paar Fotos stehenbleiben, traue mich dann aber doch nicht.

Kilometer 6: Kurz vor der ersten Verpflegungsstation (die hatten sogar Schmalzstullen) noch ein ekliger Anstieg, aber der letzte heftige. Die zweite diesmal viel kürzere Gehpause. Ich schnappe mir Wasser und warmen Tee, stürze beides runter. Weiter gehts.

Das gröbste ist geschafft: ab jetzt gehts (fast durchgehend) bergab. Mein Respekt ist sehr groß: die Wege sind matschig und seifig, teilweise steinig mit grobem Schotter und das bergab. Wie zu Anfang bergan, taste ich mich auch bergab erst langsam ran, bremse ab, werde von einigen überholt. 

Kilometer 7: Ich groove mich langsam ein, das Tempo steigt. Es macht richtig Spaß, läuft wie von selbst. Ich versuche auf meine Technik zu achten. Bergan zwickte das rechte Sprunggelenk etwas, jetzt ist alles wie weggeblasen. Kurz hatten sich die Getränke mit Seitenstechen bemerkbar gemacht. Kurz flacher atmen, Luft anhalten, entspannen, es geht wieder.

Kilometer 8: Das Tempo steigt weiter, die Pace liegt teilweise bei 4:15. Für mich ein Affenzahn. Vor mir eine größere Lücke. Kann ich aufschließen?

Ins Ziel geschwebt
Kilometer 9,5: Es geht in einen schmaleren Waldweg, die Bäume stehen sehr dicht, es wird richtig dunkel. Der Untergrund bleibt schwierig, das Tempo aber ebenso hoch. Konzentration, bloß nicht umknicken. Die Lücke konnte ich noch schließen, zu einigen Läufern vor mir aufschließen. Die ersten Zuschauer tauchen auf. 

Kilometer 10: Es geht über eine offene Wiese. Wieder Zuschauer, die klatschen und anfeuern. Ich werde noch etwas schneller. In der Ferne hört man schon den Lautsprecher beim Zieleinlauf quaken.

Ich freue mich nach innen :)
Zieleinlauf: Nach der Wiese hatte ich kurz Tempo rausgenommen, kann aber auf dem letzten Kilometer nochmal anziehen. Die Pace liegt bei 3:42 (wann bin ich zum letzten Mal so schnell gewesen?), scheinbar fliegt alles an mir vorbei. Es ist geschafft! Ich bin geschafft aber super glücklich. 

Belohnung
Erstmal Tee und Schmalzstulle inhalieren und Erbsensuppe organisieren. Das Hasseröder muss leider ausfallen, muss ja noch fahren. Schnell unter die Dusche, die nassen Klamotten kühlen doch schnell aus.

Meine Zeit hat mich zunächst gar nicht interessiert, erst bei der Getränkeausgabe fiel mir ein, dass die Nike-App noch lief. Am Ende wurden es 01:05:11, was für den 275. Platz insgesamt und den 25. in meiner AK reichte. Aber das war ja sowieso zweitrangig. Riesenspaß hat es gemacht, ich bin gesund im Ziel = alle Ziele erreicht!

Mein Fazit: Wernigerode steht auch im nächsten Jahr bei mir fest im Kalender. Ein sehr schöner Lauf, sehr gut organisiert und insgesamt einfach toll. Daumen hoch!

2 Kommentare:

  1. Hallo Carsten, deinen Bericht finde ich gut. Ich war auch auf der 11er-Strecke dabei.
    Mir gefällt, wie anschaulich du die einzelnen Details beschreibst. Da erlebe ich das Ganze gleich noch einmal.
    Ich hatte auf der Laufstrecke meine Kamera dabei. Wenn du Interesse hast, schau´ mal rein:
    Flickr-Album HGL 2016
    https://flic.kr/s/aHskJxHG11
    Schöne Grüße, Rainer
    https://www.facebook.com/rainer.lingemann
    http://www.spargelsprinter.homepage.t-online.de

    AntwortenLöschen