Dienstag, 23. Mai 2017

Himmel und Hölle - 25 km beim Elm Super Trail

Meine 'Wettkampfplanung', wenn man sie so nennen kann, war bis vor zwei Wochen eigentlich komplett. Bei neun Läufen wollte ich starten, mit dem Halbmarathon in Hannover und dem Prinz-Albrecht-Run in Braunschweig waren auch schon zwei Rennen absolviert. Vor nun zwei Wochen konnte ich zum ersten Mal die 25 km beim langsamen Sonntagslauf knacken, und kam ins Grübeln. Bis zum nächsten Lauf Mitte Juni im Nachbarort waren es noch gut sechs Wochen, also massig Zeit im Kalender, um noch einen Lauf einzuschieben. Im Laufkalender von lauftreff.de stieß ich dann auf den Elm Super Trail mit einem Ultratraillauf über 72 km und über 1.100 Höhenmetern einmal um den Elm herum (Verrückte gibts!) und einer harmloseren 'Schnupper-Variante' über 25 km und 400 Höhenmetern. Schon beim ersten Lesen der Infos dachte ich: Machste! Angemeldet.

Im Gegensatz zu meinen ersten beiden halben Marathons war ich diesmal am Wettkampftag und auch tags zuvor sehr entspannt, obwohl die Strecke doch weiter war und dazu noch die Höhenmeter! Sei's drum: Ganz gemütlich ging es nach einem ausgiebigen Frühstück in Richtung Warberg. Der Start war für 11.30 Uhr angesetzt. Start, Ziel, Verpflegung usw. befanden sich im schicken Innenhof der imposanten Burg, die heute hauptsächlich Hotel ist. Bei sonnigem Wetter mit 20 °C und ein paar lockeren Wolken waren die Voraussetzungen bestens. Startnummer abholen, Umziehen - kann losgehen!

Knapp über 60 Starter hatten gemeldet, 64 um genau zu sein. Die Atmosphäre ist sehr entspannt und familiär, die Vorfreude auf den Lauf liegt in der Luft. Es wird zum Start zum Burgtor gerufen, noch ein paar Bilder geschossen und auflockernde Witze, dann der gemeinsame Countdown 10,9 ... 3, 2, 1 und auf gehts!

Wie es sich gehört, geht es gleich zu Beginn bergauf in Richtung Elm, die Straße hinauf, einmal links, über die Hauptstraße, einmal rechts und dann schon auf einem schmalen Pfad auf den Wald zu. Im Elm angekommen geht es auf geschotterten Waldwegen weiter. Erst am Freitag, also vor zwei Tagen hatte es ordentlich geregnet, die Strecke ist aber gut markiert. Weiße Pfeile am Boden weisen an jeder Kreuzung und Gabelung zuverlässig den Weg. Nach eineinhalb Kilometern sind schon die ersten 60 Höhenmeter geschafft, es geht zum ersten Mal bergab. Das Terrain wird abwechslungsreicher: mal Trail, mal Schotter. Ab Kilometer 3 fast durchgehend nur noch moderat bergauf bis zum ersten Verpflegungspunkt bei Kilometer 8,2. Ich fühle mich gut, bin happy, dass es so gut läuft, und versuche das Tempo ein wenig zu steigern. Das Teilnehmerfeld hat sich deutlich auseinandergezogen. So bin ich allein unterwegs und bleibe das auch bis zum Schluss. Ein Zeitziel hatte ich mir vorab nicht gesetzt, trödeln will ich aber auch nicht. Es gibt ein paar Schlucke Wasser am VP, weiter gehts.

Jetzt gehts zum ersten Mal richtig bergab, auf den folgenden zwei Kilometern mit bis zu 10 % Gefälle kann ich Tempo aufnehmen und lasse es einfach laufen. Langsam merke ich aber wie sich ein Zeh am rechten Fuß bemerkbar macht. Es fühlt sich an, als würde eine Sockennaht am Zehennagel reiben. Kann eigentlich nicht sein, die Socken sind nahtlos. Ärgerlich, ich komme ins Grübeln, die Kombination aus Schuhen (HOKA One One Clifton 3) und Socken bin ich auch schon gelaufen... Doof! Ich warte noch ein wenig, das Gefühl am Zeh lässt sich aber nicht wegignorieren. Also stoppe ich kurz, ziehe die Schuhe aus, richte die Socke, schüttele alles aus, pelle mich wieder an. Vergeblich: Das Gefühl bleibt, ich versuche mich damit zu arrangieren, bewege die Zehen im Schuh ab und zu. Es geht erstmal wieder bergauf, das mag der lädierte Zeh lieber als bergab. Es wird heftiger: Bei bis zu 12 % Steigung werde ich langsamer und langsamer, aber mit dem zweiten Verpflegungspunkt bei Kilometer 13,6 naht Hoffnung.

Ich bestelle zwei Bier (immerhin haben wir den höchsten Punkt der Strecke erreicht) bekomme aber nur Eistee und Wasser und ein Schmunzeln. Hm, na gut! So heftig wie es eben hoch ging, geht es jetzt wieder runter, was meinem Zeh gar nicht gefällt. Ich versuche trotzdem es wieder einfach laufen zu lassen, was so lala klappt. Ich denke zum ersten Mal ans Ende, noch 10 km.

Jetzt sind wir am südlichen Elmrand angelangt. Mein Blick schweift nach rechts: Die Sonne strahlt, die Luft ist klar und wir werden mit einem einmaligen Blick über die blühenden Rapsfelder bis hin zum Brocken belohnt. Schön aber leider zu schnell vorbei: Hinter der nächsten Kurve wartet schon der nächste Anstieg über fast zwei Kilometer, erst wieder heftig, dann nicht mehr ganz so. Pffft!

Carsten Heine - Elm Super Trail 2017
So sehen Anfänger aus: Selfiepause bei Kilometer 22.
Nun wieder runter: Über Trails und am Waldrand über Wiesen mit hohem Gras entlang. Das Geläuf ist nicht ganz einfach. Die Trails sind zum Teil matschig, wo Pfützen stehen richtig schlammig, Wurzeln, Steine. Ich versuche auf jeden Schritt zu achten, rutsche einmal aus, knicke einmal um. Nix passiert, weiter konzentrieren.

Dann auf einmal und etwas überraschend: Der letzte Verpflegungspunkt bei Kilometer 19,2. Ich habe Brand, trinke etwas mehr, schnappe mir ein paar Salzbrezeln. Aufmunternde Worte von ein paar Zuschauern: Nur noch 6 Kilometer! Schaffste! Gib Gas!

Gas geben? Guter Witz, ich bin platt! Nur wenige Hundert Meter weiter folgt der nächste (aber *gottseidank* letzte) Anstieg. Noch einmal quäle ich mich bergauf, verfluche alles, frage mich, wie ich auf diese Schnapsidee gekommen bin. Dann greife ich zur eisernen Notreserve und lutsche ein Energygel weg, das ich für den Fall der Fälle eingesteckt hatte. Schnell das klebrige Zeugs runterspülen und auf den letzten Metern noch mal alles raushauen!

Quer durch den Wald geht es jetzt nur noch bergab, Schlamm, Pfützen, lichter, junger Buchenwald, Äste im Gesicht. Auf dem letzten Stück zeigt sich die Strecke noch einmal von der schöneren Seite, die alle erst vor einigen Minuten ausgesprochenen Flüche schnell vergessen lässt. Ich werde nochmal schneller und schiele zur Garmin: 2 Stunden 30 hätten klappen können, hätte ich keine Schuhpause eingelegt, egal. Ich genieße den Rest der Strecke sehr. Warberg und die Burg kommen in Sicht. Runter gehts ins Dorf, in die Straße zur Burg einbiegen. Freundlicher Applaus am Burgtor und auf dem Innenhof im Ziel: Ich bin erschöpft, kann aber trotzdem wieder lächeln, bin erleichtert und habe einen Riesendurst. 02:30:47 Stunden werden als Zeit durchgegeben, womit ich sehr zufrieden bin. Nicht verletzt, die so oft zickigen Achillessehnen machten auch keinen Mucks und der schmerzende Zeh ist auch kaum lädiert.

Insgesamt war mein erster Trail-Wettkampf ein Riesenerlebnis und sportlich bis jetzt eines der härtesten Dinge für mich. Den Elm Super Trail kann ich zumindest in der 25k-Variante in jedem Fall wärmstens empfehlen. Vielleicht komme ich im nächsten Jahr wieder. Jetzt aber schauen wir mal, was das Läuferjahr noch so bereit hält: Don't worry - keep running!

Sonntag, 22. Januar 2017

Von A wie Achillessehne bis T wie Tendinitis

Nach dem Erreichen des großen Ziels am 31.10 letztes Jahr ist es hier in den letzten Wochen und Monaten sehr ruhig geworden. Was ist passiert?

In den Tagen nach meinem ersten Halbmarathon war die Euphorie noch riesig: Zwar hatten mir die 21,1 km eine gereizte Achillessehne am linken Fuß beschert, aber schon nach 4 Tagen Schonung waren alle Beschwerden scheinbar wie weggeblasen. Neue Ziele mit dem Elm-Adventshalbmarathon am 07.12. wurden ins Auge gefasst. Laufreisen (wollte ich immer schon mal machen) wurden gegoogelt, um ein Haar hätte ich für den Polar Night Halfmarathon Anfang Januar in Tromsö gemeldet.  Permanentes Rechnen auf wie viele Jahreskilometer ich es denn wohl schaffen würde. Was ich damals noch nicht wusste: Es sollten nur ganze 7 Läufe im ganzen restlichen Jahr 2016 hinzukommen. Die beleidigte Sehne war leider viel beleidigter als erhofft. :(

Hinterher ist man immer schlauer: Rückblickend muss ich sagen, dass ich die Belastung des Rennens und den Regenerationsbedarf meines Körpers einfach unterschätzt und meine Leistungsfähigkeit überschätzt habe. Anstatt erstmal 2 Wochen nichts zu machen (zumindest nicht zu laufen), die Wunden zu lecken und die olle Sehne zu dehnen, lief ich nach fünf Tagen wieder los. Das fühlte sich zunächst sogar noch gut an. Unbesiegbarkeit lag in der Luft: schon zwei Tage nach dem Wiedereinstieg später sollte ein erster langer Lauf folgen. Die nächsten Ziele wollten doch erreicht werden. Doch wollte die Sehne absolut nicht mehr mitmachen, gleich zu Anfang ein komisches Gefühl, regelrechtes Knirschen ab Kilometer 8, Schluss nach gut 11 Kilometern. Die Sehne tat derart weh, dass ich kaum die Treppe herunterkam. Schluss für die nächsten 2 Wochen mit einer kompletten Laufpause, exzentrischem Training an der Treppenstufe soweit es möglich war und Voltarenpflastern. Nach den zwei Wochen und einer deutlichen Besserung an der Sehne startete ich mit zwei langsamen und kurzen Testläufen (dazwischen drei Tage Pause), die signalisierten: Es wird besser, aber mach langsam. Nach weiteren drei Tagen Pause und weiterer gefühlter Besserung wollte ich mich beim nächsten Lauf eigentlich offiziell von den Achillessehenbeschwerden verabschieden.

Auch da kam es blöderweise anders als gedacht, statt der Sehne hinten, hatte ich nach dem Lauf ebenfalls am linken Fuß Schmerzen auf dem Spann vom Sprunggelenk in Richtung Zehen, und das beim jedem Schritt. Ich war frustriert und zwar richtig! Wieder Pause, diesmal aber komplett komplett ohne jeglichen Sport. Die Beschwerden ließen auch in den nächsten Tagen nicht nach, sodass ich mich erstmals beim Arzt blicken ließ. Da ich seit Ewigkeiten nicht beim Orthopäden war, führte der Weg zu meiner Hausärztin, die mich mit Verdacht auf einen Mittelfußbruch zum Röntgen schickte. Bitte was? Na gut, ein Termin war zum Glück schnell zu bekommen, auch der Bericht lag gleich nach dem Röntgentermin vor. Soweit zu erkennen war zum Glück nichts gebrochen. Puh, Erleichterung. Da die Beschwerden auf dem Spann trotzdem weiter bestanden, überwies mich die Hausärztin zum Orthopäden. Da war ich ja seit Ewigkeiten nicht.

Eine weitere Woche sollte bis zum Termin beim Orthopäden verstreichen, mittlerweile hatten wir schon Mitte Dezember. Dann wurde es langsam aber sicher plötzlich besser, aus Schmerzen bei jedem Schritt wurde ein Ziehen. Ab und zu konnte ich auch in Ruhe spüren, wie da etwas im Fuß 'arbeitet'. Vor dem Arzttermin musste ich noch einen kurzen Testlauf machen, um zu sehen, wie es dem Fuß unter vorsichtiger Belastung geht. Doch immer noch nicht schmerzfrei. Die Untersuchung beim Orthopäden war dann eher enttäuschend. Eine kurze Anhörung mit Untersuchung des Fußes im Sitzen und ein Blick auf die mitgebrachten Röntgenbilder reichten für die Diagnose 'Sehnenreizung'. Ich bekam einen Zink-Leim-Verband verpasst und weitere zwei Wochen Schonung verordnet. Wenn es dann nicht besser sein sollte, sollte noch ein MRT folgen.

Die Feiertage flogen vorüber, Weihnachten, Silvester, Neujahr. Mit dem Zink-Leim-Verband war ich vorübergehend komplett schmerzfrei, gelaufen bin ich damit natürlich nicht. Nach ein paar Tagen habe ich mir selbst das Zink-Leim-Verband-Zubehör in der Apotheke besorgt. Auch mein Eigenbau brachte wieder Schmerzfreiheit.

Anfang Januar fühlte ich die Sehne noch, Schmerzen waren das aber nicht mehr. Nach drei Wochen ohne Sport plus der Völlerei über Weihnachten sollte es dann endlich auch wieder losgehen. Der erste, kurze und langsame Lauf des Jahres war dann eigentlich ganz in Ordnung: Beim Laufen war fast nichts im linken Fuß zu spüren. Hinterher aber dann doch wieder ein Ziehen, ich wurde unsicher. Also doch ab zum MRT, auch diesmal lautete die Verdachtsdiagnose auf der Überweisung 'Mittelfußbruch'. Bitte was? Na gut, Augen zu und durch. Ein Termin war kurzfristig möglich und schon am Tag nach der Untersuchung kam der Anruf aus der Orthopädiepraxis: Wieder die Achillessehne, weiter schonen ansonsten könnte man noch Einlagen verschreiben. Wenn es nicht besser wird wieder in der Praxis vorstellen. Zum Glück habe ich mir den Bericht auch nach Hause schicken lassen, so erfuhr ich dann von den Details: Tendinitis der (intakten) Achillessehne plus einer Schleimbeutelentzündung unter der Achillessehne (Bursitis subachillea), ansonsten alles heile. 

Jetzt laufe ich endlich wieder regelmäßig. Beschwerden treten in Form eines Ziehens immer noch auf, allerdings nur unmittelbar am Tag des Laufes. Schmerzen beim Laufen habe ich *gottseidank* nicht. Auf die Einlagen habe ich bis heute verzichtet. Da liest man ja auch so einiges, positiv wie negativ. Ich werde es erstmal ohne versuchen. Nach und nach versuche ich jetzt vorsichtig die Belastung beim Laufen zu steigern. Nebenbei habe ich begonnen einmal die Woche zu Schwimmen, malträtiere meinen Crosstrainer und übe täglich auf dem Wackelbrett. Vor dem Halbmarathon bin ich ausschließlich drei- bis viermal in der Woche gelaufen. 

Dinge, die ich aus der Verletzungsmisere gelernt habe:
1. Wenn du glaubst, dass du genug regeneriert hast, häng noch ein paar Tage dran.
2. Exzentrisches Training hilft bei Achillessehnenbeschwerden enorm, muss aber konsequent durchgeführt werden.
3. Auch bei Verletzungen kann Bewegung richtig sein, solange schmerzfrei schonend trainiert werden kann. 
4. So ein Zink-Leim-Verband kühlt hervorragend und ist gut geeignet, um ein Gelenk zu stabilisieren. Gleichzeitig erhält erbh die Beweglichkeit.
5. Wenn du denkst, du hast die Verletzung überstanden, warte noch eine Woche ab.
6. 'Nur' Laufen ohne alternative Bewegungsformen / Training ist nicht optimal.
7. Hast du was an der Sehne, habe Geduld. Es dauert halt einfach.

So, das war entsetzlich lang, hatte sich ja auch einiges aufgestaut. Ab sofort wird es hoffentlich wieder regelmäßiger Beiträge geben. :)

Dienstag, 1. November 2016

Braunschweiger Lauftag: Mein erster Halbmarathon

Da war er also endlich: der große Tag. Seit Monaten war ich nun angemeldet für meinen ersten Halbmarathon, hatte ohne allzu konkreten Trainingsplan, dafür aber mit viel Selbstdisziplin trainiert. Ausgeguckt für die Premiere hatte ich mir nicht Berlin, München, Köln oder Hamburg sondern meine Heimatstadt Braunschweig. Die Veranstaltung hat zwar schon ein wenig Tradition (2016 war es die 16. Ausgabe) ist aber von der Teilnehmerzahl übersichtlich und von der Atmosphäre her familiär geblieben. Insgesamt halt einfach nett. 1.800 Teilnehmer insgesamt machten sich in diesem Jahr auf die verschiedenen Kurse über 5 km, 10 km, den Halbmarathon und die volle Marathondistanz. Auch einen Kinderlauf über 500 m gab es für die Kleinsten. Die meisten Teilnehmer mit 738 Startern hatte der Halbmarathon aufzuweisen, für den es zwei Startzeiten um 10 Uhr und um 11 Uhr gab. Ich hatte mich bei meiner Anmeldung für den späteren Start entschieden, um noch ausgiebig frühstücken zu können ohne dabei zu nachtschlafener Zeit schon raus zu müssen, denn: Ohne Frühstück, ohne mich!

Soweit die Fakten und die graue Theorie, denn schon um kurz nach 4 Uhr war die Nacht vorbei. Einmal aufgewacht ging ich im Kopf schon die Strecke durch, überlegte wo Steigungen waren, wie ich die Schuhe binden wollte, dass ich die Startnummer nicht vergessen durfte... Premierenfieber! Ich hielt es noch eine ganze Weile im Bett aus, dann Brötchen holen, 2 davon mit Süßkrams belegt vertilgen, die Sachen packen und noch fünfmal kontrollieren, ob alles dabei ist - und los gehts!

Wir wohnen nicht weit von Braunschweig entfernt, die Anreise dauerte nicht mal eine halbe Stunde. Start und Ziel lagen auf dem Kohlmarkt mitten in der Braunschweiger Innenstadt. Dementsprechend waren dort auch die Verpflegungsstände, Bühne etc. zu finden. Als ich eintreffe stehen die Starts der 5 und 10 km Läufer gerade bevor.

Ich lasse den Kohlmarkt links liegen und gehe einige hundert Meter weiter zum Martino-Katharineum. Duschen, Umkleiden und die Taschenabgabe für den Lauf sind dort in der Sporthalle des Gynasiums untergebracht. Nach dem Umziehen bleiben noch 30 Minuten Zeit bis zum Start. Die Spannung steigt langsam, die Nervosität auch. Ich schlendere zurück zum Start-Ziel-Bereich. Die Läufer der Strecke über 10 km trudeln nach und nach im Ziel ein, die Teilnehmer beklatschen, dehnen, ein paar Schritte laufen. Noch 15 Minuten. Ich mache mich langsam warm, dehne Oberschenkel und Achillessehne ein wenig. Nochmal kontrollieren, ob alles sitzt, die Musik läuft (Ohrstöpsel waren angeschlossen, blieben aber griffbereit verstaut), die Uhr ist startklar, die Gels (ich hatte 2 eingesteckt) sind da, wo sie sein sollen.

Es geht zum Start: Ich sortiere mich diesmal nicht, wie sonst immer, relativ weit hinten, sondern am Ende des vorderen Drittels ein. Die letzten Minuten verrinnen, ein organisiertes Warm-Up gibt es nicht, die Durchsagen des Moderators sind im Gemurmel nicht zu verstehen, plötzlich der Countdown... 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1. Und ab die Post!

Der Start ist flott, schon nach wenigen Metern kommt man ohne langes Geschiebe ins Laufen, schon nach 100 m die erste 90°-Kurve, kurzes Abbremsen (das letzte für die 21,1 km) und jetzt Tempo. Und das ist gleich zu Anfang für meine Verhältnisse hoch: Die Pace liegt bei 5:05 Min/km, ich will gesund ankommen und insgesamt unter 2 Stunden bleiben. Dafür hatte ich mir vorher eine durchschnittliche Pace von 5:30 zurechtgelegt. Kurz der Gedanke: Du bist zu schnell! Zählt jetzt nicht: Ich fühle mich sehr gut, wir kommen am Rathaus vorbei, laufen über den Schloßplatz, um das Schloß herum Richtung Staatstheater, dann an der Oker entlang.

Bei Kilometer 2 überqueren wir die Oker, es geht ins so genannte Östliche Ringgebiet, Braunschweigs beliebteste (und teuerste) Wohngegend. Feuchtes Laub bedeckt das Kopfsteinpflaster, immer schön aufpassen, zum Glück kein Regen. Ich bin eingelaufen, fühle mich super, es läuft wie am Schnürchen. Das Tempo pendelt sich jetzt und auf den folgenden Kilometern bei 5:15 bis 5:20 ein.

Die Strecke ist echt schön, das Wetter angenehm, die Herbstfarben leuchten. Nach dem Östlichen Ringgebiet geht es am Prinz-Albrecht-Park entlang und am Nußberg (Braunschweigs höchster Hügel) vor in Richtung und durch Riddagshausen. Danach wird die Umgebung beliebiger: Es geht auf Fuß- und Radwegen durch die zahlreichen Kleingartenvereine, anschließend auf offenes Gelände in Richtung B1. Nach einem scharfen Knick laufen wir jetzt am Radweg die B1 in Richtung Braunschweig zurück, um dort in einen Radweg einzubiegen, der dem Verlauf der A39 folgt.

Ich denke zum ersten Mal darüber nach, wann das Gel dran ist und entschließe mich, es kurz vor dem zweiten Verpflegungspunkt bei km 10 zu nehmen. Ich fühle mich nach wie vor gut, will aber damit auch nicht warten bis es nicht mehr geht. Das Tempo bleibt unverändert, kippt aber nach 12 bis 13 km in Richtung 5:30. Ich spüre langsam wie die Beine müder werden, kann noch etwas zulegen, will aber auch nicht alles raushauen. Ich pendele mich bei 5:25 ein.

Mittlerweile sind wir am Autobahnkreuz BS-Süd und es geht in Richtung Südsee, der noch umrundet werden will. Die Müdigkeit wird größer, das zweite Gel muss am Verpflegungsstand bei km 15 dran glauben. Ich kann nochmal auf rund 5:20 kommen, muss dann aber abreissen lassen und entschließe mich, es auch nicht mit der Brechstange zu versuchen und laufe die nächsten 3 km mit 5:40 im Schnitt. Kilometer 19: Der Südsee ist geschafft, am Messegelände vorbei, führt der Kurs durch den Bürgerpark Richtung Innenstadt mit dem Ausgangspunkt Kohlmarkt als Ziel. Mir wird klar, dass es mit den erhofften 1:59:59 oder schneller klappen wird. Ich freue mich, will jetzt aber auch, dass es zu Ende ist. Die letzten Kilometer werden wirklich zäh: Bis auf 6:00 fällt das Tempo. Auf dem allerletzten km kann ich noch ein paar Körner draufpacken und beiße die Zähne zusammen: 5:24 sagt die Uhr. Der Kohlmarkt naht, nur noch wenige hundert Meter. Es reicht sogar noch für einen Spurt zum Schluss. ES IST GESCHAFFT!

Mit einer Zeit von 1:53:16 komme ich als 360. von 738 Startern ins Ziel. Einfach super, ich bin happy und auch ein wenig stolz. Die Achillessehnen schmerzen etwas, aber alles im Rahmen. Dass dies nicht der letzte Halbmarathon für mich war, ist klar. Spätestens am 09.04.2017 in Hannover (da bin ich schon gemeldet) wird wiederholt. Eventuell ziehe ich die Wiederholung auch schon vor und starte beim Elm-Advents-Halbmarathon noch in diesem Jahr. Zusammen mit der Braunschweiger Veranstaltung gibt es da einen Marathoncup, bei dem die Startzeiten der beiden Läufe addiert werden. Finde ich nicht uninteressant, mal schauen wie es jetzt mit der Regeneration läuft. Vor Donnerstag werden die Laufschuhe auf jeden Fall nicht angefasst. :)

Ach ja, eine letzte Randnotiz: Auf Musik habe ich fast die komplette Strecke verzichtet. Mag daran liegen, dass ich die Playlist schon zu oft gehört habe, es lief aber auch ohne Sound erstaunlich gut und es tat tatsächlich sehr gut sich selbst zu hören. Für mich etwas überraschend, fehlte mir trotzdem nichts.

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Langsam wirds ernst

In der kommenden Woche ist es jetzt endlich soweit: Mein erster offizieller Halbmarathon steht auf dem Programm. Am 30.10. starte ich bei den Braunschweiger Lauftagen um 11 Uhr auf die 21,1 km. Langsam steigt die Spannung. Am letzten Wochenende habe ich den letzten langen Lauf absolviert: 21,44 km in etwas über 2 Stunden. Eigentlich wollte ich viel langsamer unterwegs sein, aber dieses sehr langsame Laufen liegt mir irgendwie gar nicht. Im Schlappschritt verändert sich scheinbar mein Bewegungsablauf und meistens zwickt es dann an Stellen, die sich in normalem Tempo nie bemerkbar machen.

Bei der Premiere sollen es unter 2 Stunden werden. Sollte zu schaffen sein, Respekt aber bleibt auf jeden Fall. Zu absolvieren sind jetzt noch 3 Läufe: einer am Freitag über 8 km (Fahrtspiel), einer am Sonntag über 12 km (lockerer Dauerlauf, mindestens die Hälfte im Renntempo) und der letzte dann am Dienstag über lockere 6 bis 7 km. Am Donnerstag noch mal auf den Crosstrainer, Samstag ganz kurz eine 15-Min-Runde.

Mit meiner Vorbereitung bin ich eigentlich ganz zufrieden. Ich bin jetzt seit einiger Zeit weitgehend verletzungsfrei, musste nie lange Pausen einlegen. Klar zwickt es mal hier und da, nach dem langen Lauf am letzten Sonntag beispielsweise die Achillessehne rechts. Schmerzen in Ruhe oder beim normalen Gehen hatte ich aber *gottseidank* nie und nach höchstens zwei Tagen Schonung und ein wenig Dehnen war dann auch alles wieder schick, so wie während des heutigen Laufs (im Dauerregen). Die letzte Zwangspause von einer Woche hatte im März einem Hexenschuss zu verdanken. 

Abgesehen davon bin auch mit meiner Kondition einverstanden. Angesichts meiner drei Einheiten pro Woche  mit max. 40 Trainingskilometern ist es wohl das, was sich ohne exakten Trainingsplan (nur mein Plan nach Gefühl) und ohne Krafttraining erreichen lässt. (Jaja, Kraft kommt auch noch irgendwann dran!)    

Gedanken mache ich mir noch über die richtigen Klamotten. Ist natürlich wetterabhängig, klar. Aber momentan ist das Wetter ziemlich unbeständig: gestern relativ warm mit 17°, heute nur noch 9° und ab Nachmittag Dauerregen. Mal sehen, was Petrus am Renntag so bereithält. Viel schwieriger ist die Wahl der richtigen Schuhe. Der Ghost 8 oder der Launch 3 (beide von Brooks) oder mein Vomero 10 von Nike stehen zur Wahl. Mit dem Launch hatte ich auf dem letzten langen Lauf überraschend Probleme mit der Schnürung, die mir schwere Beine bereitete. Der Ghost ist eigentlich mein Lieblingsschuh, mit ihm habe ich mir vor ein paar Wochen aber noch die übelste Blase aller Zeiten gelaufen. Vorher (und seitdem auch nicht mehr) gab es aber nie Probleme. War vielleicht doch nur ein Steinchen im Schuh... Den Nike bin ich meistens eher auf kürzeren Strecken (vielleicht bis max. 12 km) gelaufen. Die Wahl wird wohl auf den Ghost fallen.

Samstag, 8. Oktober 2016

Beim Harzgebirgslauf in Wernigerode

Schon seit Ende der 70er Jahre findet im beschaulichen und schönen Wernigerode der Harz-Gebirgslauf statt. In diesem Jahr nun schon in der 39. Ausgabe. Zu DDR-Zeiten war der Brocken als Sperrgebiet ein unerreichbares Ziel, seit der Wende (mit Unterbrechungen) führt die Marathonstrecke des Laufes über Norddeutschlands höchsten Gipfel. Ein Marathon liegt für mich noch in weiter Ferne, der Harzgebirgslauf hat aber neben dem Marathon noch mehr zu bieten: Halbmarathon, 11 km, 5 km, Nordic Walking und Wandern, auch einen Kinderlauf über 2 km gibt es. 'Norddeutschlands schönster Gebirgslauf' sollte es sein und regelmäßig an die 3.000 Besucher können nun auch nicht so falsch liegen.

Ich hatte mich schon im Sommer für die Strecke über 11 km entschieden und mich Ende August angemeldet. Auch wenn ich bei der Vorbereitung auf meinen ersten Halbmarathon Ende Oktober keinem konkreten Plan hinterherlaufe, passten für mich sowohl der Termin als auch die Distanz. Außerdem: Der Harz liegt quasi vor der Braunschweiger Haustür und seit unserem Urlaub in Österreich in diesem Jahr stand ein Berglauf ganz oben auf meiner Wunschliste.

Start des Laufs über 5 km
Heute war es dann also soweit: Die Wetteraussichten waren bestens (7° C mit Nieselregen sagte die Prognose) und nach nur einer Stunde Fahrt und einer halbe Stunde Fußmarsch (ich parke gerne am anderen Ende der Stadt) erreichte ich das Start-Ziel-Gebiet an der so genannten Himmelspforte. In Wernigerode ist die Pforte zum Himmel eine große, bei Regen ordentlich durchgeweichte Wiese. :) Aber man merkte sofort: die machen das nicht zum ersten Mal. Von der Ausgabe der Startunterlagen über die Garderobe, die Verpflegung, die Moderation und das Warm-Up (vor Ort sagt man Erwärmung) ist wirklich alles top organisiert. Einziger Wermutstropfen: ich konnte meine Gutscheine für die großartige Erbsensuppe und das isotonische Hasseröder nicht im Umschlag finden. Die hatten sich in einem Werbeflyer gut versteckt, wie ich leider zu spät zuhause feststellen musste. Naja egal.

Umziehen, nochmal schnell für kleine Pinguine und zurück in den Startbereich, wo sich langsam aber sicher die Starter für die 5 km fertig machen. Die Moderatoren bringen alle gut in Stimmung und pünktlich gehts los. Noch 15 Minuten bis zum Start: mal langsam warmmachen, ein paar hundert Meter den Waldweg hoch, dehnen (ja ich dehne) und wieder runter. Hauptsache locker bleiben.

Ziele für diesen Lauf hatte ich mir vorab nicht gesetzt oder doch eines: Gesund wieder ankommen und sich vor dem HM auf keinen Fall verletzen. Heute sollte es also 'nur' Spaß machen. Respekt hatte ich vorher vor den Anstiegen und vor allem aber vor dem Bergablaufen.

Bei der Erwärmung vor dem Start
Noch zwei Minuten bis zum Start: Langsam am Start einreihen, die Nike-App anschmeißen, Musik läuft (ich laufe nie ohne), der Countdown kommt ... 3, 2, 1 - und los gehts. Geduldig schiebt sich die Meute durch das Starttor über die Wiese auf den Waldweg die Himmelspforte hinauf. Ich habe mich relativ weit hinten einsortiert, lasse es sehr locker angehen, schließlich soll es die ersten 6 km nur bergan gehen. Das Tempo auf dem ersten Kilometer ist sehr gemütlich: 6:29 meint die Nike-Frau in meinem Kopfhörer. Ich fange an zu überholen, nicht ganz einfach: die Wege sind nicht die breitesten und am Rand gehts steil bergab.

Kilometer 2: Ich habe mich tempotechnisch einsortiert und die langsamsten hinter mir gelassen. Die Steigung ist noch moderat und angenehm zu laufen, ich bin etwas überrascht, habe Zeit um mal nach links und rechts zu schauen. Die Wolken hängen tief und Nebelschwaden ziehen durch die Baumwipfel, trotzdem super Aussicht: Gänsehaut zum ersten Mal, Runners High bei Kilometer 2 (reimt sich sogar). 

Kilometer 3: Die Steigung wird eklig. Die meisten gehen, ich kann noch, laufe langsam weiter, kann überholen. Tolles Gefühl, ich hoffe das rächt sich nicht zwei Kurven weiter.

Kilometer 3,7: Schluss mit lustig! Die Steigung wird heftiger, jetzt reicht es mir auch. Ich gehe. Durchschnaufen. 

Kilometer 5: Nicht mehr ganz so steil, laufen geht längst wieder. Immer wieder der Blick nach links und rechts, einfach schön! Würde ja für ein paar Fotos stehenbleiben, traue mich dann aber doch nicht.

Kilometer 6: Kurz vor der ersten Verpflegungsstation (die hatten sogar Schmalzstullen) noch ein ekliger Anstieg, aber der letzte heftige. Die zweite diesmal viel kürzere Gehpause. Ich schnappe mir Wasser und warmen Tee, stürze beides runter. Weiter gehts.

Das gröbste ist geschafft: ab jetzt gehts (fast durchgehend) bergab. Mein Respekt ist sehr groß: die Wege sind matschig und seifig, teilweise steinig mit grobem Schotter und das bergab. Wie zu Anfang bergan, taste ich mich auch bergab erst langsam ran, bremse ab, werde von einigen überholt. 

Kilometer 7: Ich groove mich langsam ein, das Tempo steigt. Es macht richtig Spaß, läuft wie von selbst. Ich versuche auf meine Technik zu achten. Bergan zwickte das rechte Sprunggelenk etwas, jetzt ist alles wie weggeblasen. Kurz hatten sich die Getränke mit Seitenstechen bemerkbar gemacht. Kurz flacher atmen, Luft anhalten, entspannen, es geht wieder.

Kilometer 8: Das Tempo steigt weiter, die Pace liegt teilweise bei 4:15. Für mich ein Affenzahn. Vor mir eine größere Lücke. Kann ich aufschließen?

Ins Ziel geschwebt
Kilometer 9,5: Es geht in einen schmaleren Waldweg, die Bäume stehen sehr dicht, es wird richtig dunkel. Der Untergrund bleibt schwierig, das Tempo aber ebenso hoch. Konzentration, bloß nicht umknicken. Die Lücke konnte ich noch schließen, zu einigen Läufern vor mir aufschließen. Die ersten Zuschauer tauchen auf. 

Kilometer 10: Es geht über eine offene Wiese. Wieder Zuschauer, die klatschen und anfeuern. Ich werde noch etwas schneller. In der Ferne hört man schon den Lautsprecher beim Zieleinlauf quaken.

Ich freue mich nach innen :)
Zieleinlauf: Nach der Wiese hatte ich kurz Tempo rausgenommen, kann aber auf dem letzten Kilometer nochmal anziehen. Die Pace liegt bei 3:42 (wann bin ich zum letzten Mal so schnell gewesen?), scheinbar fliegt alles an mir vorbei. Es ist geschafft! Ich bin geschafft aber super glücklich. 

Belohnung
Erstmal Tee und Schmalzstulle inhalieren und Erbsensuppe organisieren. Das Hasseröder muss leider ausfallen, muss ja noch fahren. Schnell unter die Dusche, die nassen Klamotten kühlen doch schnell aus.

Meine Zeit hat mich zunächst gar nicht interessiert, erst bei der Getränkeausgabe fiel mir ein, dass die Nike-App noch lief. Am Ende wurden es 01:05:11, was für den 275. Platz insgesamt und den 25. in meiner AK reichte. Aber das war ja sowieso zweitrangig. Riesenspaß hat es gemacht, ich bin gesund im Ziel = alle Ziele erreicht!

Mein Fazit: Wernigerode steht auch im nächsten Jahr bei mir fest im Kalender. Ein sehr schöner Lauf, sehr gut organisiert und insgesamt einfach toll. Daumen hoch!